Pepper ist unser Hund. Er ist 15 Jahre.
Ja, das ist schon ein tolles Alter für einen Hund. Aber was bedeutet das? Er hört nicht mehr viel, er sieht noch ganz wenig, die Knochen tun ihm weh, er zittert, weil die Muskeln schwinden... Manchmal kann der das Pippi nicht mehr halten.
Vielleicht denkst du gerade: "Wie bei uns Menschen!" - Ja. Sehr ähnlich.
oder du denkst: "Gott, der Arme!"
So kannst du denken. Und von Aussen gibt es viele solcher Anlässe:
Er steht manchmal einfach da und schaut in eine Ecke. Keine Ahnung, was er da sieht.
Manchmal steht er mitten im Raum und wirkt verloren, als hätte er vergessen, was er wollte. Wenn ich ihn dann vorsichtig hochhebe, erschrickt er sich, weil er mich nicht gesehen oder gehört hat. Ich setze ihn dann vorsichtig aufs Sofa und es ist, als würde er sagen: Danke. Das ist eine gute Idee. Hier lege ich mich hin." Und dann schläft er stundenlang an diesem Platz. Zufrieden.
Das ist das erste, was ich hier mit dir teilen möchte:
Zufriedenheit.
Er zittert, weil die Muskeln schwach werden. Klar, bekommt er seine Medikamente, aber wirklich aufhalten kann man es nicht. Unsere Hundefriseurin fragte mich DIE interessanteste Frage überhaupt: "Wen stört das Zittern? Sie oder den Hund?" Bingo!
Das war eine tiefe Erkenntnis. Ich sehe Pepper mit ganz anderen Augen.
Wenn er in die Ecke starrt, ist er zufrieden. Wenn er in seiner Höhle liegt und mehr schläft als früher, ist er zufrieden.
Er springt vorbei? Dann springt er nochmal und ist zufrieden.
Er läuft gegen einen Baum? Er erschrickt sich und geht zufrieden drumrum.
Er darf nicht mehr die Treppe hinunterlaufen? Er wird getragen und ist sehr zufrieden.
Er muss die Treppe aber hinauflaufen. Gibt es Leckereien dafür? Super! Er ist zufrieden.
Und wenn unsere alte Muffelpfote zufrieden ist, sind wir es auch.
Nur wenn wir abends nicht mit ihm auf dem Sofa sitzen, dann wird er unzufrieden und bettelt, bis wir uns zu ihm gesellen und ist - genau: sehr zufrieden.
Liebe ist hilfreicher als Mitleid.
Das zweite wichtige Ding ist die Erkenntnis, dass es anderen mit seinem Alter schlechter geht, als ihm selbst. Klar das hängt irgendwie zusammen, war aber wirklich eine Erkenntnis, die mich beeindruckte, denn sie hat mich mein Verhalten gegenüber meiner Mutter (93) ändern lassen:
Wie kam ich dazu?
Pepper war bei Guidos Eltern für 3 Wochen, als wir in den USA waren.
Als wir ihn abholten, war Guidos Mutter wirklich sehr traurig und erzählte uns, was Pepper alles nicht mehr kann. Ihr Herz war schwer. Sie war voller Mit-Leid für ihn.
Du ahnst es schon: Er hört ja nichts mehr. Er zittert den ganzen Tag. Er frisst nicht richtig. Er läuft gegen den Sessel, der Arme... Er sieht den Ball nicht mehr, wenn man ihn wirft...
Im selben Moment, kratzt Pepper an der Terrassentür. Er will raus.
Also nicht wirklich - er will in den Garten, um dann wieder hereinzukommen, die Tür zuzumachen und ein Leckerchen abzugreifen. Sein alter Räubertrick!
Wir lobten ihn und spielten das Spiel mit, denn Pepper ist wie ein altes Zirkuspferd. Er will immer seine Tricks machen, um Anerkennung und Leckerchen zu bekommen. Manchmal frisst er sie nicht mal. Es geht ihm tatsächlich ums Bekommen. Alles gut für uns.
Ja, es ist ein betreutes Spielen. Wir werfen den Ball so, dass er mit seinen Sehresten am unteren Rand die Chance hat, den Ball zu sehen oder helfen einfach nach. Na, und? Er freut sich und nimmt das Leckerchen. Und genau das meine ich mit Liebe.
Liebe ist wunderbar.
Was hat das jetzt mit meiner Mutter zu tun? Früher dachte ich auch immer, meine Mutter müßte noch dies tun oder das, damit es ihr körperlich besser ginge.
Bis ich erkannte: meine ständigen Verbesserungsvorschläge machten ihr Druck. Puh, das wollte ich doch gar nicht. Nun unterstützte ich sie jetzt einfach, so gut ich kann und lasse ihr ihre Selbstbestimmtheit. Ich bewundere sie, für ihre Dankbarkeit, dem Leben gegenüber und dafür, wie gut sie ihr Leben meistert. Respekt! So ist es viel stimmiger.
Eigentlich wollte ich diesen Beitrag so nennen:
"Die 3 wichtigsten Dinge, die mir unser Hund über das Altsein beibringt."
Beim Schreiben begriff ich, dass alles, was ich durch Pepper begriffen hatte und vor allem auch der letzte Punkt etwas ist, was nicht nur für das Altern sondern für das ganze Leben gilt.
Du lebst JETZT
Ja, das ist ein alter Hut. Klar.
Und dennoch ist dieser alte Hut wirklich immer modern und das Wichtigste, was ich jeden Tag wieder und wieder lerne.
Der Impuls zu diesem Artikel kam in einem bestimmten Augenblick und in diesem Moment, hat er sich quasi selbst geschrieben. Es war das stimmige Jetzt.
Diese Zeilen werden dich in einem bestimmten Moment erreichen und entweder er passt gerade oder nicht.
Es zählt, was jetzt ist. Nicht gerade eben oder morgen - das Jetzt zählt. Dieser Moment, in dem wir in Kontakt sind. Das gilt übriges auch für uns Menschen untereinander.Jeder Moment ist besonders: Immer. Auch dieser. Ganz egal, ob er angenehm oder unangenehm ist.
Leben passiert im Jetzt - Glücklichsein passiert im Jetzt und unser bewusstes Sein ist das größte Geschenk, das wir haben.
Irgendwann werde ich mich von Pepper verabschieden müssen.
Auch wenn es in meinem Gedanken-Universum keinen Tod gibt, ist es dennoch ein Abschied. Wenn ich gedanklich in diesem Moment gehe, bin ich voller Dankbarkeit und Rührung!
Dieser kleine Kerl wohnt tief in meinem Herzen und wird dort immer lebendig sein.
Und wir haben noch Zeit auf dieser Ebene des Seins.
Jeden Moment werden ich mit dir geniessen, kleine Muffelpfote!
... und es sind immer genug Lekerchen da!
Ho!